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Geschichte   Recht und Gesetz
12.01.2006 von admin

Recht und Gesetz
Behördlicherseits war man dem Automobilverkehr durchaus nicht immer wohl gesonnen. Die rasselnden und stinkenden Automobile, die mit weit überhöhten Geschwindigkeiten von 10, 15 oder gar 20 km/h über Landstraßen und durch Ortschaften brausten, waren eben eine Störung im polizeilichen Sinne. Zum Leidwesen der Polizei gab es jedoch keine rechte Handhabe, gegen die neuen Maschinen vorzugehen. Denn es ließ sich nun einmal nicht leugnen, dass diese Wagen da waren, und für Wagen hatte das ehrwürdige, preußische allgemeine Landrecht von 1797 bestimmt, dass "der freie Gebrauch der Land- und Heerstraßen einem jeden zum Reisen und Fortbringung seiner Sachen gestattet" sei. Zuständig für die Aufstellung von Normen über den Straßengebrauch sei allein der Staat, "sonst darf sich niemand eine Verfügung über solche Straßen anmaßen, auch alsdann nicht, wenn die Verfügung an sich dem Gebrauche der Straßen für die Reisenden unschädlich wäre."

Die örtlichen Polizeibehörden hatten gegen diese Grundsätze der freien Straßenbenutzung nur ihr Recht und ihre Pflicht zur Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung aufzubieten, und da mussten schon erhebliche Gründe vorliegen, wenn der Automobilverkehr eingeschränkt oder auf bestimmten Strecken vollständig untersagt werden sollte.

Solche Bestrebungen gab es aber immer wieder, und nicht selten konnte ein Landrat oder ein Bürgermeister die Sperrung ganzer Straßen für den Automobilverkehr durchsetzen. Ein durchaus erwünschter Nebeneffekt dieser Anordnung war es, dem Automobilisten die Fahrt in den jeweiligen Gebieten völlig zu verleiden, da sie gezwungen waren, weite Umwege zu machen. Nicht immer stellte sich dieser Effekt allerdings ein, denn die Polizei konnte natürlich nichts dagegen einwenden, wenn ein findiger Fuhrunternehmer auf die Idee kam, das Automobil für die gesperrte Strecke in seinen Vorfahren, die Pferdekutsche, zurückzuverwandeln: Er lieh einfach Pferde aus, die vor die Autos gespannt wurden und sie so über die polizeiliche Verordnung hinwegführten. So wurde es z. B. aus dem Jahre 1905 aus Brüning gemeldet, wo ein Pferdehalter am Anfang eines gesperrten Weges ein großes Plakat anbringen ließ mit der Aufschrift: "Pferde für Automobiltransporten aus Brüning-Kojen."

Im großen und ganzen konnte sich bei der geschilderten Rechtslage der Automobilverkehr ohne wesentliche staatliche Beschränkungen entwickeln. Eine Straßenverkehrsordnung gab es noch nicht, es fanden sich nur in einigen Gesetzen wenige Vorschriften über Spezialprobleme des Straßenverkehrs. So bestimmte das Allgemeine Landrecht z. B. hinsichtlich des Ausweichens:
  1. Der leichtere Wagen muss dem schwereren bzw. beladenem ausweichen;
  2. Der Hinauffahrende muss dem Herabfahrenden ausweichen;
  3. Der langsamer Fahrende muss dem schneller Fahrenden ausweichen, sofern die Straße nicht ohne weiteres das Vorbeifahren gestattet, in welchem Falle der schneller Fahrende ausbiegen muss.
Laut Kabinettsorder vom Jahre 1840 muss auf Chausseen jedoch das vordere Vehikel mit halber Spur nach links ausbiegen. "Wagen von gleicher Art müssen rechts je zur Hälfte ausweichen, soweit dies angängig, sonst hat der stille zu halten, der den anderen zuerst gewahr wird."

Das waren Regeln, die durchaus vernünftig sind, wenn man sie einmal verstanden hat und wenn man gutwillig genug war, sich nicht auf Streitigkeiten darüber einzulassen, wer wen zuerst gesehen hat. Das Allgemeine Rechtsfahrgebot, Vorfahrtsregeln usw. haben sich erst in den 20er Jahren entwickelt.

Sehr schnell bei der Hand waren die Polizeibehörden allerdings bei der Festsetzung von Höchstgeschwindigkeiten, ein Recht, das ihnen nun nicht streitig gemacht werden konnte, denn hierbei ging es ja nun tatsächlich um die Sicherheit des Bürgers. Die Automobilisten freilich sahen das damals wie heute nicht so recht ein, und es entspann sich ein zäher Kleinkrieg zwischen den Ordnungshütern auf der einen und den Autofahrern auf der anderen Seite. Polizisten und selbst einfache Verwaltungsangestellte wurden mit der Stoppuhr in der Hand auf die Straßen gestellt, um die Geschwindigkeiten zu kontrollieren, und aus Bayern wurde häufig gemeldet, dass Bauern und deren Söhne der Polizei freiwillig bei diesen Geschwindigkeitskontrollen halfen.


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