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  Geburt einer Legende: Die 1949 vorgestellte Motorenbaureihe 300 ist ein großer Wurf
Technik   Geburt einer Legende: Die 1949 vorgestellte Motorenbaureihe 300 ist ein großer Wurf
12.05.2009 von admin


Der Optimismus sieht sich bald gedämpft

Schon Mitte 1941 laufen in Gaggenau die ersten Versuchsmotoren der Neukonstruktion OM 302, 1942 stellt das Werk Mannheim gar einen Produktionsplan für die Serienfertigung vor. Es findet eine Fahrzeugerprobung sowohl im Opel Blitz als auch im eigenen 1,5-Tonner statt. Von Anfang an ist eben geplant, dass dieser Motor auch im Opel Blitz zum Einsatz kommen soll. Doch zerschlagen sich all diese Pläne im Nu, als die Wehrmacht im Kaukasus in Besitz von Benzinquellen gelangt und der eiskalte russische Winter den Wunsch nach Dieselmaschinen deutlich dämpft.

Die Behörden jedenfalls erteilen kein grünes Licht für die Beschaffung jener 140 Maschinen, mit denen der OM 302 serienmäßig gefertigt werden könnte. Der nagelneue Sechszylinder-Diesel landet auf dem Abstellgleis. Dort enden auch die Pläne, den eigenen 1,5-Tonner aufzulasten, ihn mit dem OM 302 zu versehen und damit dem Opel Blitz Konkurrenz zu machen. Denn Rüstungsminister Albert Speer verfügt am 25. Juni 1942, dass Borgward und Daimler-Benz nun den Opel Blitz zu fertigen hätten.

Der wiederum verfügt über einen Benzinmotor, der 3,6 Liter groß ist und mit unregelmäßigen Zylinderabständen daherkommt. In den Wirren des Kriegs indessen ist es nicht einfach, die neuen Produktionseinrichtungen für den Opel Blitz zusammenzubekommen. Und so dauert es bis 1944, bevor die Fertigung in Mannheim anlaufen kann. Just zu diesem Zeitpunkt ist das Hauptproduktionswerk für den Dreitonner Blitz, das Opel-Werk in Brandenburg (Havel), von der amerikanischen Luftwaffe in Schutt und Asche gelegt worden. Die Produktionsumstellung bei Borgward in Bremen ist derweil noch nicht so weit: Das Mannheimer Werk von Daimler-Benz ist somit die einzige Fertigungsstätte, die für den dringend benötigten Einheits-Dreitonner noch bleibt.

Für Mannheim ist der Opel Blitz ein Glücksfall

Kissels Nachfolger Dr. Wilhelm Haspel hat weitsichtig stets darauf gedrängt, dass im Werk Mannheim weiterhin Fahrzeuge produziert werden. Da kommt der Opel Blitz gerade recht, auch wenn das Werk über dieses Kuckucksei (Typbezeichnung L 701) natürlich nicht begeistert ist. Nach dem Krieg hingegen ist es einzig der Opel Blitz, dessen Produktion sofort wieder einsetzen kann. Sie hat darüber hinaus den Vorteil, dass die Anlagen vom Staat bezahlt sind. Denn wie durch ein Wunder halten sich die Schäden in Grenzen, die diese Produktionslinie durch die Bombardements erlitten hat.

Die Freude darüber wird nur durch den Umstand getrübt, dass die Lizenzfertigung des Blitz qua Vertrag auf zwei Jahre kündbar ist. Daimler-Benz droht, in eine Sackgasse zu geraten. Wilhelm Haspel in einer Sitzung am 24. Juli 1945: „Wenn unser Typ in zwei Jahren geliefert werden soll, müsste er streng genommen heute fabrikationsreif sein.“ Und weiter: „Die Dreitonner-Frage ist die allerernsteste, infolgedessen muss man sich sehr konkret damit befassen.“

Als Opel tatsächlich auf Mitte 1947 kündigt, ist dies ein herber Schlag. Keiner weiß, welche Zeichnungen und Versuchsträger nach dem Krieg überhaupt unversehrt erhalten sind. Doch finden sich nicht nur die Zeichnungen wieder, sondern es taucht auch der einzige Prototyp des L 312 mit dem neuen Sechszylinder-Diesel unter der Haube wieder auf. Entgegen einer behördlichen Anweisung war er nicht verschrottet worden, sondern hatte sich – auf Holzgasbetrieb umgestellt – im Werkverkehr nützlich gemacht.

Den OM 312 zu adaptieren kostet Mühe

Somit sind die Perspektiven doch einigermaßen gut, den OM 302 nun endlich an einen eigenen Dreitonner zu adaptieren. Indem der OM 302 alsdann die ungleichen Zylinderabstände des Benziners vom Opel übernimmt, wird er zum neuen Baumuster OM 312. Dafür gilt es, die Vorrichtungen zum Bohren der Zündkerzenlöcher (beim Benziner) mit anderen Werkzeugen zu bestücken, die dann die Löcher für die Glühkerzen fräsen. Und es erhält der Diesel, der naturgemäß mit höheren Drücken als der Benziner arbeitet, sieben Hauptlager (statt vierer beim Benziner).

Da die Dieselmotoren sich allerdings bei der Blocklänge nach der gleichen Decke strecken müssen wie der Benziner und deshalb relativ schmal ausfallen, hat der Diesel mit höheren Lagerdrücken und somit höheren Öltemperaturen zu kämpfen. Wegen dieser höheren thermischen Belastung führt beim OM 312 an einem Öl-Wasser-Wärmetauscher kein Weg vorbei. Bei dieser Gelegenheit erfahren auch die Zylinderköpfe eine Modifikation, auf dass der Motor der angestrebten Leistungssteigerung von den 80 PS des OM 302 auf 90 PS für den OM 312 gerecht werde. Seine 90 PS mobilisiert er außer dem schon bei 2800/min.

Nötig werden dafür obendrein: Änderungen der Vorkammer und steil von oben durch den Ventildeckel führende Einlasskanäle. Mit 90 Millimeter besitzt der neue OM 312 zwar die gleiche Bohrung wie der Benziner, doch klettert der Hub von 95 auf 120 Millimeter. Daraus resultieren statt 3,6 nun 4,6 Liter Hubraum. Trotzdem wiegt das Aggregat nur 355 Kilogramm und ist somit das leichteste Triebwerk in seiner Klasse. Als treibende Kraft soll es im neu konzipierten Dreitonner L 3250 fungieren, der verstärkte Hinterachsen und Getriebe erhält, die dem maximalen Drehmoment des OM 312 in Höhe von 28,2 mkg bei 1600/min Rechnung tragen (umgerechnet 277 Newtonmeter).


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