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Mercedes O 305 G
26.10.2007 - 00:00

Mercedes O 305 G
  • Vor 30 Jahren: Erster Mercedes Gelenkbus
  • Als Schubgelenkbus geplant und gebaut
  • Technische Beschreibung des Konzeptes


Mercedes O 305 G von 1977 noch mit VÖV-Windschutzscheibe

1977 kam der erste Mercedes-Gelenkomnibus aus eigener Produktion auf den Markt. Bis dahin gab es von Mercedes, wenn überhaupt, nur Gelenkbusse, die von anderen Aufbauern hergestellt wurden.

Der Gelenkomnibus O 305 G wurde unter der Voraussetzung gebaut, einen Großraum-Linienomnibus für den Einmannbetrieb zu realisieren, der einerseits weitgehend an die standardisierten Linienomnibusse der Typen O 305 und O 307 angelehnt war und zum anderen die konzeptionsbedingten Nachteile bisheriger Gelenkomnibusse vermied.

Mercedes beschrieb seinen Bus denn auch so:
Zitat
„Eine vereinfachte Definition des O 305 G muss heißen: der Vorderwagen ist ein Original O 305 ohne Antrieb, der Hinterwagen ein Original O 305 ohne Vorbau und ohne Vorderachse“.



Der O 305 G unterschied sich dann vom O 305 auch nur durch die gelenkspezifischen Abweichungen, welche waren:

  • der Gelenkpunkt, als Verbindung zwischen Vorder- und Hinterwagen mit Kugeldrehkranz und zwei Gelenken welche sowohl Schub- wie Zugkräfte aufnahmen und sie auch bei unterschiedlichen Fahrbahnebenen zwischen Vorder- und Hinterwagen übertrugen;
  • der Faltenbalg mit Schnellverschlüssen;
  • die Knickschutzeinrichtung mit 4 hydraulischen Andruckzylindern und der elektronischen Steuerung;
  • eine Mittelachse als Rohrachse doppelt bereift mit lastabhängiger Bremskraftregelung;
  • eine dritte Tür.

Wichtigstes Kriterium bei diesem neuen Konzept war der Knickschutz. Im Gegensatz zu „herkömmlichen“ Gelenkbussen, bei den der Nachläufer gezogen wurde, wurde hier der Vorderwagen vom Nachläufer geschoben, was die Gefahr in sich barg, das der Zug einknickte.


Mercedes beschrieb diese Knickschutzregelung folgendermaßen:
Die Knickschutzregelung wird am Gelenkpunkt wirksam. Sie überwacht und sichert einen dem Lenkwinkel exakt zugeordneten Knickwinkel, verhindert bei extrem kritischen Fahrzuständen eine unzulässige Knickwinkelvergrößerung zwischen Vorder- und Hinterwagen und sorgt darüber hinaus durch eine Dämpfung für ein schlingerfreies Fahrverhalten des Gelenkzuges.

Die Knickschutzregelung umfasst einen Steuerteil und einen Arbeitsteil. Der Steuerteil erhält durch Sensoren Informationen über Lenkeinschlag und Knickwinkelvergrößerung. Der Steuerteil vergleicht die Daten und sperrt im Moment einer kritischen Phase das Anwachsen des Knickwinkels, so dass während dieser Zeit der wagen eine starre Einheit bildet. Die Lenkfähigkeit wird nie behindert, es werden lediglich gefährliche Einflüsse ausgeschaltet.

Der Arbeitsteil besteht aus vier hydraulischen Arbeitszylindern, einem hydraulischen Steuerblock und einem hydraulischen Druckspeicher.

Jeder Arbeitszylinder ist jeweils mit einem Stützarm verbunden, der gleichzeitig als Widerlager für den gegenüberliegenden Zylinder mit Stützarm dient. Bei Geradeaus- und Kurvenfahrt liegen die Schwingen links und rechts an ihren Stützarmen an, da in den Hydraulikzylindern immer ein vom Druckspeicher ausgehender Vorspanndruck herrscht. Bei kleinen Knickbewegungen wird das von den kurveninneren Arbeitszylindern in die kurvenäußeren Zylindern verdrängte Hydraulikvolumen geleitet. Erkennt der Steuerteil eine kritische Knickphase, so werden die Leitungen der kurveninneren Zylinder gesperrt und damit kann ein unerwünschtes Weiterknicken nicht mehr stattfinden. Der Blockiervorgang und die Lösung desselben wird beliebig oft, so wie es der jeweiligen Fahrzustand erfordert, wiederholt. Der Funktionsablauf ist dabei voll elektronisch überwacht und gesteuert.


Hinterer Teil des Gelenkes mit Abdeckung. Links und rechts die Hydraulikzylinder der Knickschutzregelung (Pfeile).

Als Hauptargumente für das neue Schubgelenkzugkonzept wurden angeführt:
  • weitestgehende Teilegleichheit mit den VÖV- und Stülb-Linienomnibussen O 305 und O 307. der O 305 G entsprach damit praktisch den VÖV-Richtlinien, die aber bis dahin nicht auf Gelenk-Omnibusse übertragen werden konnten.
  • Ein durchgehender niedriger Wagenboden durch den Einbau des Motors im Heck.

Durch die Verlagerung des Motors ins Heck bekam man ein großzügiges Raumangebot, welches es ermöglichte mit einem etwas über 17 m langen Bus bis zu 184 Personen zu befördern. Dies war eine Kapazität, die von heutigen Großraumgelenkbussen nur unwesentlich überschritten wird.


Innenansicht des O 305 G


Gelenkverbindung mit Übergang von Motorwagen zum Nachläufer

Bei einer Länge von 17.260 mm und einer Höhe von 2.941 mm hatte der Bus ein zulässiges Gesamtgewicht von 25.300 kg. Angetrieben wurde er von einem Mercedes OM 407 h. Der Reihensechszylinder leistete 177 kW (241 PS) bei einem max. Drehmoment von 834 Nm (85 kpm) bei 1.500 U/min. Dieser war liegend im Heck eingebaut. Als Getriebe kam das Mercedes 3-Gang-Automatikgetriebe W 3 D 080/R zum Einsatz. Diese Aggregate wurden beim serienmäßigen Fahrzeug verwendet. Später standen auf Wunsch auch der Motor OM 407 hA mit 206 kW (280 PS) und das Mercedes 4-Gang-Automatikgetriebe W 4 A 110/R zur Verfügung.


Mercedes O 305 G – Baujahr 1980



Fotos:
Daimler AG


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