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Metroliner in Carbon-Design von Neoplan
06.12.2007 - 00:00

Metroliner in Carbon-Design von Neoplan
  • Erster Omnibus aus Faserverbundstoff


Der erste Neoplan MIC Prototyp

Am 12. Dezember 1987 lud Neoplan zu einer Pressekonferenz, auf der unter anderem auch eine „Studie in Originalgröße“ vorgestellt werden sollte. Diese Studie entpuppte sich als ein 1:1-Holzmodell eines Omnibusses, der komplett aus Kunststoff hergestellt werden sollte. Arbeitstitel dieser Studie: „Carbonliner“.

Vorausgegangen waren dieser Studie der bereits erfolgreiche Einsatz von GfK-Aufbauten auf einem amerikanischen Bus. Hier war, auf einem herkömmlichen Stahlrahmen dieser GfK-Aufbau gesetzt worden. Nun sollte also ein Bus gebaut werden, der ohne Stahlrahmen auskam.


Der Metroliner Vorgänger: Neoplan Neoporter 1985

Doch alleine konnte Neoplan dies am Anfang nicht bewerkstelligen. Mit von der Partie waren neben Bob Lee, dem Technischen Direktor von Neoplan, das CAD-Institut an der Fachhochschule Esslingen und die Gyro-Flug mit der Erfahrung in der Verarbeitung von Kunststoffen.

Während man mit dem 1:1-Holzmodell erste Fahrversuche unternahm, entstand unter Anleitung der Gyroflug der Urkern und die Urform des späteren Busses. Gleichzeitig wurde in Stuttgart eine „Kuststoff-Entwicklungswerkstatt“ eingerichtet und ein Spezialisten-Team aus bewährten Karosseriebauern ausgebildet.


Die Rohkarosse des MIC

Einsparungen waren das Ziel beim Bau dieses Busses. Neoplan sprach dabei von Einsparungen, die alle ein Drittel betragen sollten und zwar
  • ein Drittel leichter
  • ein Drittel weniger Kraftstoffverbrauch
  • ein Drittel weniger Bremsen- und Reifenverschleiß
  • ein Drittel schnellerer Fahrgastfluß
Am 25. Mai 1988 war es dann soweit, der erste Prototyp wurde der Presse vorgestellt und erregte natürlich Aufsehen. Inzwischen hatte man auch einen Namen für den Bus gefunden. „Metroliner in Carbon-Design“ (MIC) sollte er lauten. Der Name Metroliner wurde damit bereits zum zweiten Mal vergeben, denn so hieß seit 1984 bereits ein besonders preisgünstiger Kombibus.


Explosivzeichnung des MIC

Vorgestellt als Prototyp wurde ein 10.580 mm langes Fahrzeug, welches 80 Personen befördern konnte. Der Bus war, durch die Niederflurbauweise, gegenüber einem herkömmlichen Bus auch flacher. Die Höhe betrug 2.560 mm wobei der Fußboden 320 mm über der Fahrbahn lag. Der Prototyp hatte ein Leergewicht von 6,29 Tonnen und wurde von einem KHD Reihensechszylinder mit 118 kW (160 PS) bei 2,5 Liter Hubraum angetrieben.

Nach der Pressevorstellung und der Präsentation auf der IVA 88 unterzog man die Prototypen ausgiebigen Härtetests. Den ersten Prototyp fuhr man kreuz und quer durch alle Kontinente, andere mussten ihre Festigkeit bei Crash- und Überrollversuchen beweisen. Auch mit Feuer rückte man man einem Prototyp zu Leibe.

Bei einer Präsentation in Stuttgart, stellte man auch einen MIC 8008 E vor, der über einen reinen Elektroantrieb verfügte. Hier zeigte sich, dass Neoplan mit diesem Bus schon frühzeitig auf alternative Antriebe setzte.


MIC N 8008 E - 1988

Zur IAA 1989 präsentierte man dann die Carbonliner-“Familie“. Neben dem MIC 4012 präsentierte man noch den MIC 4008. Er war 7,84 m lang und verfügte über 22 Sitz- und 22 Stehplätze.

Vorgesehen waren 3 Typen. Der MIC 4008, der MIC 4012 und eine 12m-Version wurde ab 1991 als MIC 4016 angekündigt. Überhaupt die Typenbezeichnungen. Anfangs hießen die Busse MIC 40xx. Schon bald wurde diese in N 80xx geändert.


MIC 4008 (N 8008)


MIC 4012 (N 8012)

Gleichzeitig mit den Präsentationen begann der Praxistest. Unter anderem bekam die BVG in Berlin im Frühjahr 1989 einen MIC 4012 zur praktischen Erprobung. Die Berliner schon immer allem Neuen aufgeschlossen, orderten in ihrer ersten Begeisterung dann auch gleich 23 weitere Fahrzeuge. Natürlich erregten diese Busse auch in Berlin Aufsehen und hatten alsbald ihren Spitznamen weg. „Asphalt-Jet“ wurde er fortan von den Berlinern genannt.


MIC N 4012 als Wagen 2100 der BVG Berlin im Praxistest

War es Ernüchterung oder waren es andere Gründe? Von der ersten Begeisterung blieb anscheinend nicht viel übrig. Von den 23 georderten Metrolinern wurden letztendlich nur 3 nach Berlin geliefert. Als Wagen 2101 bis 2103 versahen sie ab 1990 ihren Dienst und wurden 1992 schon wieder abgestellt. Der erste Prototyp war schon nach anderthalb Jahren weg. Ein böses Omen für einen Bus der ja 25 Jahre halten sollte?

Doch erst einmal verlief alles planmäßig. Ab 24. August 1990 wurde der Beginn der Serienfertigung verkündet. Gleichzeitig stellte man die zukünftige Motorisierung des Metroliners vor. Hier war allerdings schon das erste Opfer zu beklagen. Der Turbodiesel von BMW mit 85 kW hatte sich doch als zu schwach gezeigt. Man setzte doch lieber auf bewährte Aggregate. Zur Auswahl standen Motoren von 3 Herstellern: Der MWM TD 226-B 06 mit 150 kW (204 PS) und 6,24 l Hubraum, der KHD BF 6 L 913 mit 124 kW (169 PS) und 6,128 l Hubraum und der MAN D 0826 LOH mit 169 kW (230 PS) und 6,6 l Hubraum. Alle Busse wurden mit dem Voith Automatikgetriebe D 851,2 ausgestattet. Daneben gab es noch Modelle mit Cummins-Motoren, die aber für den US-Markt gedacht waren.

Doch von Anfang an setzte man bei dem MIC auch auf alternative Antriebe. Das bot sich ja auch an, da durch die Gewichtsersparnis der Bus mit kleineren Motoren angetrieben werden konnte. Da aber alternative Antriebsmöglichkeiten noch nicht zur Verfügung standen, setzte man Anfangs erst einmal auf Elektroantrieb.


So stellte man sich das vor: Eine autofreie Stadt, in der nur die umweltfreundlichen und abgasfreien Metroliner fuhren. Die Wirklichkeit sah aber anders aus.

Beim damaligen Stand der Technik hatte der Elektroantrieb mit zwei großen Problemen zu kämpfen: Die Größe und das Gewicht der Batterien sowie deren begrenzte Reichweite. Da das Aufladen dieser großen Blöcke zu lange dauerte, wurden Wechselstationen eingerichtet, in denen die Batterien ausgetauscht wurden. Doch auch das war immer ein Kraftakt. Beschönigende Bezeichnungen wie „Elektro Bar“ änderten auch nichts an dem Zustand.


Eine Wechselstation für den MIC Elektrobus


Die Gewichtsersparnis ging durch die großen Batterien wieder teilweise verloren

Doch bei kurzen Strecken funktionierte der Elektroantrieb. So z.B. in Fußgängerzonen oder auf Messegelände. Der Rest setzte auf konventionellen Antrieb. Überhaupt die Umwelt: Schon bald nach der Vorstellung des ersten MIC kam die Diskussion auf, was denn mit diesem „unverrottbaren“ Bus passiert, wenn er nach ca. 25 Jahren (so lange sollte er ja halten) auf den Schrott wandert. Zu diesem Thema wurden dann gleich auch die wildesten Spekulationen in die Welt gesetzt. Dies war dann wohl mit ein Grund dafür, dass Bob Lee schon 1990 folgende Erklärung abgab:
Zitat
„Neoplan gibt jedem Kunden beim Kauf eines Kunststofffahrzeugs die Garantie, dass die Zelle im Zeitraum von 30 Jahren zurückgenommen wird.“


Diese Zusage bewog dann doch den einen oder anderen Omnibusbetrieb, sich einen MIC in den Fuhrpark zu holen. Doch diese blieben Einzelstücke.

Von dem Plan, eine 12m-Variante des MIC zu bauen, war man trotz mehrfacher Ankündigungen doch schnell wieder abgerückt. Stattdessen stellte man 1994 die kleinste Variante vor, den MIC N 8006. Dieser Bus war 6.990 mm lang und wurde von einem Vierzylinder-Mercedes OM 364 LA mit 103 kW angetrieben.


Der N 8006 – 1994

Inzwischen war die Entwicklung alternativer Antriebe weiter fortgeschritten. Das führte dazu, dass 1998 ein MIC mit Gas-elektrischem Antrieb für den Orts- und Bäderverkehr in Bad Füssing gebaut wurde. Der Elektromotor wurde dabei wahlweise von einem Gasmotor oder einer Nickel-Metallhydrid-Hochleistungsbatterie angetrieben.


Der N 8008 GES mit Ges-elektrischem Antrieb

Im Rahmen des Neoplan Entwicklungsprogrammes „Alternative Antriebe“ wurde 1997 das Projekt UKW 1 gestartet, mit dem Ziel einen umweltfreundlichen, komfortablen und wirtschaftlichen Linienbus zu entwickeln. Als Ergebnis dieses Entwicklungsprogramms startete am 14. Oktober 1999 in Oberstdorf erstmals ein Linienbus mit Brennstoffzellenantrieb im fahrplanmäßigen Einsatz. Es handelte sich um einen MIC N 8008 FC, der die autofreie Stadtkernzone des Allgäuer Luftkurorts bedienen sollte.


Der N 8008 FC mit Brennstoffzelle

Es dürfte auch einer der letzten MIC´s gewesen sein, der gebaut wurde. Trotz unbestreitbarer Vorteile hatte das Modell es schwer am Markt, nur als Basis für alternative Antriebe erzielte es Achtungserfolge. Verfolgte man die Berichte in der Presse, so wurde der Bus von den Unternehmen zwar gelobt, aber merkwürdigerweise waren sie recht schnell wieder bei den Unternehmen verschwunden. So verschwand der Bus sang und klanglos von den Straßen und aus dem Produktionsprogramm von Neoplan.



Fotos:
Neoplan


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