Omnibus-Infos » Setra
Setra Hochdecker
08.12.2008 - 00:00

Setra Hochdecker
  • Ursprung im Golden Eagle
  • Erster Hochdecker 1959


Krauss-Maffei KMO 140 mit Aufbau von Kässbohrer – Baujahr 1950

Wer heute mit einem Omnibus verreist, macht das in der Regel mit einem Omnibus in Hochdecker-Ausführung. Diese Omnibusversion bietet den nötigen Platz, um viele Passagiere und ihr Gepäck zu befördern und gleichzeitig die erforderliche Ausstattung zu bieten, die das Reisen angenehm macht. Doch wie kam es zur Entwicklung dieses Omnibustyps?

Mit der Stabilisierung der wirtschaftlichen Verhältnisse im Nachkriegseuropa zeichnete sich der Bedarf an Fernreisebussen ab, der größere Gepäckräume und mehr Komfort für die Fahrgäste bot. Erste Ansätze waren dann die Stufenhochdecker, die im hinteren Teil des Busses erhöht waren, um Platz für Gepäck und Schlafräume zu bieten. Neben Ludewig, der mit seinen Aero-Bussen bekannt wurde, baute auch Kässbohrer solche Fahrzeuge. Doch dieser Typ kam über Einzelstücke nicht hinaus und war bald wieder aus dem Straßenbild verschwunden.


Innenansicht des Ludewig Aero – Baujahr 1951

Den ersten Hochdecker, so wie man ihn heute kennt, baute Kässbohrer dann 1955. Ausgang war ein Auftrag zum Bau eines Luxus-Fernreisebus für den amerikanischen Markt. Nachdem man bei Kässbohrer die amerikanischen Verkehrsverhältnisse und die Komfortansprüche studiert hatte, kam man zu der Erkenntnis, dass nur ein Fahrzeug diesen Erwartungen gerecht werden konnte, das sich in den Dimensionen was Länge und Höhe betraf wesentlich vom Standard der Fahrzeuge jener Tage unterschied.


Setra „Golden Eagle“ – Baujahr 1956

Heraus kam ein Omnibus mit, für damalige Zeiten, „gigantischen“ Ausmaßen. 12,20 m lang (das entspricht 40 Fuß) und 3,80 m hoch. Dieser Bus bot ausreichend Gepäckraum, eine Bordküche, Toilette und die Fahrgäste hatten Sitze, die aus dem Flugzeugbau stammten. Der Hochdecker war geboren, obwohl von einer derartigen Bauversion hier in Europa noch keine Rede war.


Setra „Silver Eagle“ – Baujahr 1956

Der Eagle war aber halt für den US-Markt bestimmt und konnte sich auf dem deutschen bzw. europäischen Markt nicht durchsetzen. Dazu kam, dass ein wesentliches Kriterium in der Omnibuskonstruktion stets war, den Einstieg so niedrig und bequem wie möglich zu halten. Der Gedanke, dass die Fahrgäste Stufen steigen mussten um zu ihren Sitzen zu kommen war den Konstrukteuren seinerzeit ein Gräuel. Es erinnerte zu sehr an die Aufbauten, die auf Lkw-Fahrgestellen gebaut worden waren. Natürlich ergab das eine Diskrepanz im Bezug auf mehr Kofferraum.


Setra S 12 Hochdecker – Baujahr 1959

Doch bei Kässbohrer ließ man den Gedanken an einen Hochdecker mit europäischen Maßen nicht unter den Tisch fallen. 1959 übertrug man die Erkenntnisse, die man mit dem Eagle gewonnen hatte, auf den europäischen Setra und stellte den Setra S 12 in einer Hochdeckerversion vor. Mit 6,4 m³ Kofferraum und 3.200 mm Höhe war er der erste Hochdecker für den europäischen Markt.


Konstruktionszeichnung des Setra S 12 Hochdecker


Doch irgendwie war die Zeit noch nicht reif für einen solchen Bus. Nur acht Stück konnten von diesem Modell verkauft werden, obwohl die Fahrer begeistert waren. Einer erinnert sich:

Zitat
“Der Setra S 12 als Hochdecker war unser erster Omnibus, der ohne die damals übliche Dachgalerie für das Gepäck auskam. Wir Fahrer waren über diesen Bustyp sehr erfreut, denn das Rauf und Runter, das Festzurren und Abdecken der Koffer auf dem Dach war ja nun wirklich kein Kinderspiel.“

Aber wie gesagt, die Busunternehmer waren konservativ und das Gepäck wurde weiterhin auf das Dach verfrachtet.

Acht Jahre dauerte es nun, bis Kässbohrer wieder eine Hochdeckerversion vorstellte. Als man mit der zweiten Setra-Generation, der Baureihe 100 startete, konnten die Kofferräume so groß dimensioniert, der Boden eben und die Sitzposition der Fahrgäste so gut gelöst werden, dass zunächst kein Bedarf nach einer Hochdeckerversion bestand. Dennoch stellte man 1967 einen Stufenhochdecker unter dem Namen „Panoramabus“ vor.


Setra Panoramabus – Baujahr 1967

Dieser Bus verfügte nicht nur über einen beachtlichen Kofferraum, sondern erstmals im Omnibusbau über eine unterflur angeordnete Toilette. Neben Einzelradaufhängung und Luftfederung bot der Bus eine kaum überbietbare Fülle von Komforteinbauten wie Air-Condition, Bordküche, Toilette und Ruheräume für Fahrer und Stewardess. Doch auch diesem Modell war kein Erfolg beschieden, ganze zwei Fahrzeuge wurden von diesem Bustyp gebaut. Je eines dieser Fahrzeuge ging an die Firmen Austrobus und Zumstein.


Setra Panoramabus – Innenansicht

Doch die Zeiten änderten sich. Proportional zu den Komfortansprüche der Fahrgäste wuchs auch die Koffergröße, oder anders ausgedrückt: Der „Schweinslederne“ hielt Einzug. Nun stand der Fahrer wieder vor dem Problem, wohin mit dem Gepäck? Diesmal war es nicht Kässbohrer, sondern die Firma Neoplan, die mit ihrem Cityliner einen Hochdecker-Reisebus vorstellte, der sich sofort auf dem Markt durchsetzen konnte.


Der Ur-Cityliner von Neoplan - 1971

Damit war der Damm gebrochen denn es hatte sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass man bei Fernreiseomnibussen dem Platzbedarf für Komforteinbauten und Gepäck Rechnung tragen musste. Zwei Jahre später stellte auch Kässbohrer einen Reisehochdecker vor, der die Typenbezeichnung S 200 trug. Konsequenterweise war dieser Bus als Dreiachser ausgelegt, um jegliche Gewichtsprobleme von vornherein auszuschließen. Der Bus verfügte über verschiedene Einbauten und wurde in drei Variationen angeboten.

Von diesem Bus wurden ca. 50 Stück verkauft. Das klingt nicht viel, aber dieser Bus war eigentlich nur der Vorbote für die neue Baureihe 200. Mit Einführung dieser Baureihe bot Kässbohrer sofort einen Hochdecker in zwei Versionen an, den S 215 HD und den S 213 HD. Dabei wurde der S 215 HD der erfolgreichste Setra überhaupt. Heute hat sich der Hochdecker durchgesetzt und es gibt keinen namhaften Hersteller, der einen solchen Bus nicht im Angebot hat.


Setra S 200 – Baujahr 1973


Fotos:
Kässbohrer Fahrzeugwerke GmbH
Omnibusarchiv


admin


gedruckt am 29.03.2024 - 15:05
http://www.omnibusarchiv.de/include.php?path=content&contentid=438