Technik
Setra-Bestuhlung
04.08.2010 - 01:00

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Setra-Bestuhlung
  • Neu-Ulmer Sitzfertigung: die Fabrik in der Fabrik
  • 200 000 Omnibussitze entstehen pro Jahr am Standort Neu-Ulm
  • Über 120 Mitarbeiter arbeiten in Zuschnitt, Näherei, Polsterei und Montage
  • Sechs Basis-Stuhlvarianten und über 600 Stoffe und Bezüge im Programm


Setra Voyage Plus und Voyage Supreme: Komfort in Bestform

Mit 450 000 gefertigten Sitzen pro Jahr ist Daimler Buses der größte Omnibus-Sitzhersteller in Europa. Neben den Produktionsstandorten in Mannheim und in der Türkei ist auch die Neu-Ulmer Sitzproduktion eine tragende Säule dieser auftragsbezogenen Eigenfertigung, mit der das Unternehmen seinen hohen Anspruch auf Komfort und Sicherheit sowie sein breit gefächertes Angebot an individuellem Bestuhlungsdesign unterstreicht. Von hier aus werden auch andere europäische Standorte wie Frankreich und Portugal beliefert.

Auf der Basis einer identischen Grundkonzeption entstanden in fast vier Jahren Entwicklungsarbeit die beiden Baureihen Setra Route für Omnibusse der Business­klasse und Setra Voyage für Reisebusse der Spitzenklasse. Vom Sitzgestell bis zur Polsterung, von Anbauteilen bis zu den Bezügen – mit Ausnahme der Marken­plakette ist kein Element unverändert geblieben. Die Top-Varianten Voyage Plus und Voyage Supreme eröffnen neue und faszinierende Möglichkeiten in Stoffen und Farben für noch exklusiveres Reisen. Sorgfältig ausgewählte Materialien in hochwertiger Verarbeitung vereinen sich zu einem weiteren Meilenstein in der Omnibus-Entwicklung nach fast 60 Jahren Setra – nicht nur die Omnibusse generell, auch ihre Sitze werden dem Anspruch „Best in Class“ gerecht.


Setra Voyage Plus

Teams für Arbeitsvorbereitung und Logistik steuern minutiösen Ablauf

Nahezu 200 000 Überland- und Reisebussitze für die Busmarken Setra und Mercedes-Benz werden Jahr für Jahr im zweiten Obergeschoss des Neu-Ulmer Montagewerkes und damit in unmittelbarer Nähe zur Omnibus-Fertigung komplettiert und „just-in-Sequence“ direkt in die Produktionsstraßen geliefert.


Setra Route: der Fahrgastsitz für die Businessklasse

Dabei ist es jedoch nicht nur entscheidend, dass die fertigen Sitze nach einem exakten Taktplan an die Fahrzeuge gelangen. Denn kaum ein Bestuhlungsdesign gleicht dem eines anderen Omnibusses. „Da es sich bei der Sitzproduktion ausschließlich um eine auftragsbezogene Fertigung nach Kundenwunsch handelt, ist eine Herstellung von der Stange nicht möglich“, erklärt Andreas Niesl, der seit zwei Jahren die 5 000 Quadratmeter umfassende „Fabrik in der Fabrik“ leitet.

Eigene Mitarbeiter in den Bereichen Arbeitsvorbereitung, Produktionsteuerung und Logistik bilden das starke Rückgrat des 124 Mitarbeiter starken Teams der Sitzproduktion, die in die drei Bereiche Zuschnitt, Näherei, Sondersitze sowie Polsterlinie und Endmontage aufgeteilt ist. Die Tageshöchstleistung der Sitzfertigung, die im Modellmix insgesamt sechs verschiedene Basis-Stuhltypen vom einfachen Serien-Überlandstuhl „Transit“ bis zum höchstkomfortablen Reisesitz „Ambassador“ mit Beinauflage im Programm hat, liegt bei 1 500 Einheiten am Tag. Dies entspricht einer Menge für insgesamt 30 Fahrzeuge.


Setra Voyage: der Fahrgastsitz für die Omnibus-Spitzenklasse - Schnittmodell

[B]500 000 Quadratmeter Stoffzuschnitt pro Jahr

Aus bis zu 300 verschiedenen Kollektionsstoffen kann sich der Kunde im nahe gelegenen Setra Kundencenter sein Sitzdesign variabel zusammenstellen. Doch auch individuelle Stoffwünsche der Busunternehmen werden in Neu-Ulm umgesetzt und verarbeitet, so dass derzeit nahezu 600 verschiedene Stoffnummern aktiv und abrufbar sind. Für die 200 000 gefertigten Sitzplätze jährlich werden dabei nahezu 500 000 Quadratmeter Stoff, Leder und Kunstleder verarbeitet - dies entspricht einer Fläche von 70 Fußballfeldern.


Setra Sitzfertigung - Zuschnitt

Nach der Anlieferung durch die Zulieferbetriebe wandern die Rohmaterialien ins Stofflager. Von hier werden sie je nach aktuellem Auftrag abgerufen. Der Zuschnitt erfolgt CNC-gesteuert an einem Cutter mit einem oszillierenden Messer, das mit einer Geschwindigkeit von 50 Zentimetern pro Sekunde die entsprechenden Lagen für die Einzelsitze aus der Stoffbahn schneidet. Mit dem Zuschnitt von Bezügen für spezielle Kundenwünsche beweist das Team von Andreas Niesl auch hier ein Höchstmaß an Flexibilität bei Kundensonderwünschen.


Setra Sitzfertigung - Zuschnitt

Industriemaschinen nähen mit 3 000 Stichen pro Minute

Insgesamt 16 Mitarbeiterinnen sind in der Näherei beschäftigt. Jede von ihnen näht an einem ergonomisch gestalteten und in der Höhe stufenlos verstellbaren Arbeitsplatz jeweils einen Sitzbezug komplett zusammen. Dabei erbringen die mit Druckluft betriebenen Industrienähmaschinen eine Leistung von 3 000 Stichen pro Minute. Fahrer- und Reiseleitersitze werden in einem Sonderbereich eigens gepolstert und montiert. Andreas Niesl: „Wir polstern die Fahrersitze selbst, da viele Kunden sie im gleichen Stoff wie die restliche Fahrgastbestuhlung wünschen. Neben Komfortfunktionen wie Sitzheizungen werden hier auch Sonderausstattungen des Sicherheitsbereiches in die Fahrersitze integriert. So werden in diesem Bereich zum Beispiel die Vibrationsmotoren für den Spurassistenten (SPA) eingebaut, die den Fahrer bei Überfahren der Seitenmarkierungslinie auf die Gefahrensituation aufmerksam machen.


Setra Sitzfertigung - Näherei

Hohe Prozesssicherheit durch lasergestützte Sitzrücken-Montage

Im dritten Bereich der Omnibus-Sitzfertigung befindet sich die Polsterlinie, in der die Sitzrücken fertig gestellt werden. Hier werden die Sitzbezüge an sechs Arbeitsplätzen auf die geschäumten Sitzrücken aufgezogen, sprich gepolstert. Eine exakte Laserpositionierung erleichtert dem Mitarbeiter diesen Vorgang und erhöht die Prozesssicherheit.


Setra Sitzfertigung - Montage

Anschließend erhalten die Rücken an 16 weiteren Montageplätzen ihre Anbauteile wie Griffe, Tisch oder Gepäcknetz. Für diesen Schritt können die Mitarbeiter alle notwendigen Werkzeuge und Vorrichtungen flexibel und schnell auf die unterschiedlichen Sitz- und Ausstattungsvarianten einstellen. Dabei gibt es für diese speziell entwickelte Schablonen, die die jeweils nach Kundenanforderung gewünschte Montageposition für die Bauteile vorgeben. Die hierfür benötigten Anbauteile wurden zuvor in einer definierten Reihenfolge kommissioniert und pro Sitzrücken in einen Ladungsträger an den entsprechenden Montageplatz gebracht.


Setra Sitzfertigung - Montage

Bereitstellung für den Fahrzeugeinbau erfolgt nach zwei Quality Gates

In einem ersten Quality-Gate werden alle Sitzrücken auf Fehler überprüft und eventuelle Mängel vom montierenden Mitarbeiter selbst nachgearbeitet. In der anschließenden Endmontage werden dann die Stuhlrücken, Sitzpolster und das Sitzgestell mit seiner Mechanik auf einem Rondell zu einer Einheit zusammengefügt. Dieses langsam drehende „Karussell“ ist so konzipiert, dass die Arbeiter mit ihrem zu bearbeitenden Werkstück an dem entsprechenden Material und Werkzeug vorbeifahren. Pro Umdrehung werden – je nach Sitzart – zehn Reisesitze oder 20 Doppelsitze für den Überlandlinienverkehr komplettiert.


Setra Sitzfertigung - Montage

Nach diesem Fertigungsprozess kontrollieren Mitarbeiter eines zweiten Quality Gates noch einmal die Qualität und die Vollständigkeit der fertigen Sitze, bevor diese über ein elektronisch gesteuertes Schienensystem in die darunter liegende Produktionshalle „schweben“. Dort werden die Sitze in der Produktionsstraße durch die Frontseite des Fahrzeugs mit einer schrägen Fördereinheit in den Bus gebracht und montiert, bevor dann die Windschutzscheibe eingesetzt wird.





Fotos und Text:
EvoBus GmbH – Setra Omnibusse


admin


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