Geschichte
Der Dieselmotor
07.05.2007 - 16:35

Der Dieselmotor
Es war nicht Rudolf Diesels primäres Ziel, einen Verbrennungsmotor mit Selbstzündung zu schaffen. Er wollte eine neuartige Kraftmaschine entwickeln, die sich am isothermischen Kreisprozeß des französischen Physikers Sadi Camot (1796 bis 1832) orientierte. Diesel konnte sich nicht mit den niedrigen Wirkungsgraden der Dampfmaschinen (sechs bis zehn Prozent) abfinden. Ihm schwebte eine rationell, das heißt mit hoher Energieausnutzung arbeitende Wärmekraftmaschine vor. Im Zuge mehrjähriger Überlegungen kristallisierte sich dann der "Selbstentzündungsvorgang" für das erforderliche Brennstoff-Luft-Gemisch quasi von selbst heraus und entwickelte sich erst dann zum Merkmal des neuen Verbrennungsmotors.

1890 schloß Rudolf Diesel seine Studien ab und verfasste eine Patentanmeldung. Das Kaiserliche Patentamt erteilte Rudolf Diesel am 28. Februar 1892 die Schutzrechte unter dem Titel "Arbeitsverfahren und Ausführungsart für Verbrennungskraftmaschinen".

Die Patent-Urkunde trägt die Nummer 67 207. Beim Arbeitsrhythmus stützte sich Diesel auf den 1876 durch Nikolaus Otto ersonnenen Viertakt: erstens Luft ansaugen, zweitens Luft verdichten, drittens Kraftstoff zuführen und im oberen Totpunkt Gemisch entzünden und viertens Verbrennungsgase ausstossen.

Rudolf Diesel - 1858 - 1913

Diesel erkannte recht bald, dass sich seine Ideen nur mit der Unterstützung einer größeren Maschinenfabrik in die Praxis umsetzen lassen würden. So kam es am 21. Februar 1893 zu einem Vertrag zwischen der Maschinenfabrik Augsburg/L. (eine der Gründungsgesellschaften der späteren MAN) und am 10. April 1893 ein weiterer mit Krupp. Beide Verträge ermöglichten Rudolf Diesel im Augsburger Werk seine Pläne in die Praxis umzusetzen.

Nach mehreren mißglückten Versuchen arbeitet der erste Diesel-Motor der Welt so hart, das ein auf dem Zylinderkopf angebrachter Druckaufzeichner davonflog. Diesel hatte mit Benzin-Kraftstoffeinspritzung experimentiert. Nach diesen Erfahrungen wandte sich Diesel vom Carnot-Prozeß ab und meldete aus diesem Grund ein weiteres Patent an. Es wurde ihm mit der Urkunden-Nummer 82 168 am 12. Juli 1895 erteilt und schützte die Rechte an einer "Verbrennungsmaschine mit veränderlicher Dauer der unter wechselndem Überdruck stattfindenden Brennstoffeinführung".

Die Experimente gingen Anfang 1894 weiter, jetzt mit einem provisorisch angebrachten Wasserkühlungsmantel. Ab Mai 1895 begann der Motor nach weiteren Umbauten einigermaßen zufriedenstellend zu arbeiten. Der Zylinderdurchmesser wurde von 150 auf 200 Millimeter vergrößert, der Kolbenhub mit 400 Millimetern hingegen beibehalten. Dieser "Urdiesel" steht heute im MAN-Werksmuseum in Augsburg.

Den zweiten bei Maschinenfabrik Augsburg gebauten, nunmehr betriebsfertigen Dieselmotor nahm Professor Schröter am 17. Februar 1897 mit einem Versuchslauf offiziell ab. Die drei Meter hohe und 4,5 Tonnen wiegende wassergekühlte Kraftmaschine tourte mit 154 und 172 U/min. Aus 250 Millimetern Bohrung und 400 Millimetern Hub erbrachte sie eine Bremsleistung von 17,8 und 19,8 PS. Die wirtschaftliche Wärmeausbeute betrug dabei 26,2 und 25,3 Prozent. Als Brennstoff diente Lampenpetroleum. Ein motoreigener Kompressor und ein Zerstäuber dienten zur Kraftstoffeinblasung. Sie arbeiteten zusätzlich mit höheren Drücken als der Motor-Kompressionsdruck.

Natürlich waren diese Motoren nicht geeignet, um in einem Kraftfahrzeug Verwendung zu finden. Doch Rudolf Diesel war davon überzeugt, dass eines Tages auch der rohölbetriebene Automobilmotor kommen wird. Diese Voraussage erlebte er allerdings nicht mehr. Während einer Schiffsüberfahrt von Belgien nach England verschwand er und gilt seit dem 29. September 1913 als verschollen.

Doch von Rudolf Diesels erstem Motor bis zum ersten Diesel-Motor in einem Lkw dauerte es 26 Jahre. MAN stellte 1923 den ersten Lkw mit Vierzylinder-Dieselmotor vor. Ein Jahr später den ersten Omnibus.


MAN W 4 V-10/18 - kettengetriebener Lkw mit Dieselmotor – 1923




Erster MAN-Omnibus mit Dieselmotor

Doch damit war der Durchbruch noch nicht erreicht. Es dauerte noch einmal ca. sechs Jahre, bis der Diesel-Motor in Nutzkraftfahrzeugen zum Standard wurde. 1929 schickte Daimler-Benz einen Diesel-Omnibus auf Deutschlandrundfahrt. Auch verschiedene andere Hersteller beschäftigten sich mit dem Bau von Dieselmotoren. Besondere Schwierigkeiten machte die Zerstäubung des schweren Kraftstoffes. Verschiedene Einspritzverfahren wurden entwickelt und bis in die 60er-Jahre war man sich noch nicht einig, welches Verfahren das beste war.

MAN, Junkers und Linke-Hofmann-Busch setzten auf die Direkteinspritzung. Daimler-Benz, Humbold-Deutz, Büssing und Magirus verwendeten das Vorkammerverfahren und VOMAG, MWM und andere setzten auf das Wirbelkammerverfahren. Krupp versuchte es mit einer Kombination von Benzin und Dieselmotor, dem sogenannten Glühringmotor.

Doch aller unterschiedlicher Verfahren wurde der Dieselmotor immer besser. Das zeigte sich unter anderem daran, dass MAN ab 1934 keine Lkw und Omnibusse mehr mit Benzinmotor im Angebot hatte. Desgleichen ab 1939 die VOMAG.


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